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  • Rebecca Kittel

Egal wo, Hauptsache studieren

Hoahank Jawish ist vor dem Krieg in Syrien geflohen. Er will sich an der Uni Köln bewerben. Doch der Weg dahin ist hürdenreich.

Hoahank Jawish atmet tief durch. Langsam legt sich die Anspannung. Fünf Stunden musste der syrische Flüchtling sich beweisen, eine Textinterpretation verfassen, Diagramme auswerten. Hoahank hat soeben den Test for Academic Studies (TestAS) absolviert, der die Uni-Tauglichkeit der Studienbewerber, die nicht aus der Europäischen Union kommen, prüfen soll.

Sechs Wochen später kommt das Testergebnis: 97 von 170 Punkten. Zufrieden ist Hoahank nicht. „Ich hätte es etwas besser machen können, deshalb bin ich ein wenig enttäuscht“, sagt er. Doch er weiß, er hat bestanden. Damit ist die erste Hürde genommen. Eine von vielen, die er als syrischer Flüchtling auf dem Weg an eine Hochschule meistern muss.

Im Februar 2014, nach einem Angriff der islamistischen Terrorgruppe IS, flüchtete der 22-Jährige aus seinem Heimatdorf Jendresse in Syrien. Das Ziel: Deutschland. 25 Tage waren er mit zwölf weiteren Syrern unterwegs. Während der Zeit war er komplett auf seine Schlepper angewiesen, seine Familie ließ er in Syrien zurück. „Ich hatte große Angst“, sagt Hoahank.

Der Staat zahlt für Deutschkurse nur begrenzt

Eineinhalb Monate nachdem Hoahank im Osten von Deutschland angekommen war, wurde sein Asylantrag bewilligt. Er darf in Deutschland bleiben. Bei vielen anderen Flüchtlinge dauert das Asylverfahren mehrere Monate, manchmal sogar Jahre. Hoahank nennt das Glück. Mit der Aufenthaltsgenehmigung kommt er seinem großen Ziel ein ganzes Stück näher.

Damals studierte sein Bruder in Köln Medizin. Ein Stück Familie – in einem fremden Land – nach einem Monat Flucht. In den ersten zwei Monaten haben wir uns ein Zimmer geteilt“, erinnert sich Hoahank. Später bekam er die Möglichkeit in ein eigenes, kleines Apartment zu ziehen.

In Köln angekommen, konzentrierte er sich auf den nächsten entscheidenden Schritt: Deutsch lernen. Er konnte sich zwar schon gut verständigen, seine Kenntnisse reichten jedoch noch nicht für ein Studium in Deutschland. Dafür ist ein C1-Niveau notwendig. Um das zu erreichen, lernte Hoahank zeitweise bis zu acht Stunden am Tag Deutsch. Auch an den Wochenenden gönnte er sich keine Pause, sagt er. Doch um richtig gut zu werden, brauchte er Hilfe.

Die üblichen staatlichen Stellen zahlen Flüchtlingen in der Regel Deutschkurse jedoch nur, bis sie das B1-Niveau erreicht haben. Wer wie Hoahank studieren will, muss sich um andere Fördertöpfe bemühen. Zu seinem Glück bekam der Flüchtling aus Syrien ein Stipendium. Von August 2015 bis Februar 2016 finanzierte ihn die Otto Benecke Stiftung, die sich um die Integration internationaler Studienbewerber kümmert. Von Montag bis Freitag lernte Hoahank dort fünf Stunden am Tag Deutsch, um möglichst bald ein C1 Niveau in Deutsch nachzuweisen. Die Stiftung zahlte seine Miete in Höhe von 320 Euro und eine Pauschale von 400 Euro pro Monat.

Der Traum: Psychologie studieren

Das Stipendium ermöglichte Hoahank ein gutes Leben. Doch seit Februar zahlt die Stiftung kein Geld mehr. Das Stipendium war ausgelaufen. Seitdem sucht er einen Job. Eventuell kann er beim Roten Kreuz als Übersetzer beginnen und so die Zeit bis zum Studium überbrücken. Derzeit wartet er auf die Ergebnisse des Tests für Deutsch als Fremdsprache, die bescheinigen, dass Hoahank gut genug Deutsch kann, um an einer deutschen Hochschule zu studieren. Sobald Hoahank studiert, kann er Bafög beantragen.

Das Ziel: Das Wintersemester 2016/17. Dann würde Hoahank gerne mit einem Psychologie-Studium starten. Die Chancen sind gut. Neben seinen akademischen Leistungen und dem Sprachtest wird auch seine Schwerbehinderung miteinbezogen. Hoahank Jawish hat eine angeborene Erkrankung an den Augen, wodurch er vor allem Schwierigkeiten beim Lesen hat.

Mittlerweile hat er sich in Köln eingelebt, erste Freundschaften geknüpft und – es darf nicht fehlen - Karneval gefeiert. Wenn er in Köln keinen Studienplatz bekommt, würde er sogar wieder umziehen. „Es ist mir im Prinzip egal, wo ich studiere. Hauptsache ich kann studieren“, betont Hoahank.

Foto: Silviu Guiman

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